Der digitale Austausch von Gesundheitsdaten rettet Leben. Wenn alle an einer Behandlung beteiligten Fachkräfte simultan und zu jeder Zeit auf relevante Daten zugreifen und diese in Echtzeit bearbeiten können, profitierten die Patienten in mehrfacher Hinsicht davon. Ihre Sicherheit erhöht sich um ein Vielfaches, denn Fehler durch unleserliche Handschriften oder Arzneimittelverwechselungen gehören damit der Vergangenheit an.
Darüber hinaus brachte die während der Pandemie beschleunigte Digitalisierung viele Vorteile im Hinblick auf die Telemedizin oder bei der Fernüberwachung von Vitalwerten. Um die Digitalisierung im gesamten Gesundheitswesen zu beschleunigen, bieten sich Edge-Computing-Lösungen an. Drei wesentliche Hauptgründe dafür sind
- Patientendaten bestmöglich zu schützen
- Daten in Echtzeit und simultan zu bearbeiten
- Schnelle Verarbeitung und möglichst latenzfreie Antwortzeiten
EU-Investitionen in digitale Infrastrukturen und zugrunde liegende Prozesse
Um künftig besser auf Pandemien vorbereitet zu sein und das Gesundheitswesen zu optimieren, startete die EU im März 2021 das Förderprojekt EU4Health. Dafür stehen bis 2027 Fördergelder von rund 5,3 Milliarden Euro zur Verfügung. Gefördert werden dabei unter anderem der digitale Austausch sowie die Digitalisierung im Gesundheitswesen. Einige Mitgliedsstaaten haben zudem eigene Förderprojekte ins Leben gerufen.
In Deutschland etwa stehen über das Krankenhauszukunftsgesetz seit Oktober 2020 ganze 4,3 Milliarden Euro für die Digitalisierung in Kliniken zur Verfügung, insbesondere für die informationstechnische Ausstattung, Robotikanlagen sowie telemedizinische Strukturen. Das ist auch dringend notwendig, weil andere Länder wie zum Beispiel Großbritannien oder Estland deutlich weiter sind und Deutschland vor dem Schlusslicht Polen den vorletzten Platz belegt (Quelle: Bertelsmann Stiftung: Studie zur Digitalen Gesundheit).
Was ermöglicht das digitale Gesundheitsnetz?
Deutschland arbeitet immer noch an den Grundlagen der digitalen Vernetzung: So mussten erst seit Anfang 2022 alle Kliniken mit ihren Krankenhaus-Informationssystemen (KIS) an die landesweite Telematikinfrastruktur (TI), der Datenautobahn des Gesundheitswesens, angeschlossen sein. Darüber hinaus könnten bereits jetzt theoretisch alle Krankenkassen, Arztpraxen und Apotheken in Deutschland über dieses Netz elektronische Patientenakten austauschen, elektronische Rezepte und Arbeitsunfähigkeitsmeldungen ausstellen oder Notfalldaten verwalten. Patienten könnten in diesem Netz eigene Akten anlegen und zur Einsicht freigeben. Außerdem ist das Forschungsdatenzentrum Gesundheit im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angeschlossen. Die Fachleute könnte die vorhandenen Daten zu Forschungszwecken nutzen und so einen wichtigen Beitrag zu einer besseren Gesundheitsversorgung für alle Beteiligten leisten.
Tatsächlich wurde aber das E-Rezept im erst Sommer 2021 in einer einzelnen Fokusregion und seit Dezember 2021 zwar deutschlandweit aber nur testweise eingeführt. Laut Bundesgesundheitsministerium hat sich am Teststatus bisher nichts geändert. Zumindest werden Ärzte und Therapeuten ab 2023 Rezepte für digitale Gesundheitsanwendungen vollständig digital über das Gesundheitsdatennetz verordnen können.
Während der Pandemie nutzten auch Impfzentren in Deutschland das Gesundheitsnetz für die Einladung zur Impfung und Vereinbarung von Terminen sowie zur Ermittlung der Impfquote. Das funktionierte – anders als in Ländern mit fortschrittlicherer Digitalisierung im Gesundheitswesen – nicht reibungslos. Nur zum Vergleich: Am Netz der UK National Health Services (NHS) hängen bereits zahlreiche Forschungsinstitute und Kompetenzzentren, analoge Arbeitsweisen wurden seit Jahren konsequent digitalisiert und die zugrunde liegenden Prozesse aktualisiert und optimiert. So lief das digitale Impf-Management im Vergleich zu Deutschland in Grossbritannien problemlos. Außerdem wird das NHS-Netz bereits für ferngesteuerte Operationen genutzt.
Ferngesteuerte Operationen mit minimaler Latenz
Solche Operationen per Roboter sind minimal-invasiv und, wenn es um hundertstel Millimeter geht, präziser als von Hand, weil Roboterarme beweglicher sind und nicht zittern. Zudem können externe Spezialisten damit per Fernzugriff operieren. Sie nutzen dazu zwei „Joysticks“ und sehen ein dreidimensionales, vergrößertes Bild des Operationsbereiches. Der Roboter übernimmt exakt die Bewegungen der Operateure. Entscheidend für den Erfolg bei diesen Lösungen ist die latenzfreie Übertragung von Steuerimpulsen und Bilddaten.
Deshalb sind ferngesteuerten Operationen eine von vielen Anwendungen, die möglichst über eine Edge-Computing-Lösung umgesetzt werden sollten. Denn bei Edge Computing werden nur die für die Operation notwendigen Daten über das Netz transportiert. Die schnelle Verarbeitung der Sensordaten aus den Joysticks übernimmt der Edge-Server des OP-Roboters. Da die OP-relevanten Daten anonymisiert übermittelt werden, ist auch der wichtige Patientenschutz gewährleistet.
Schnelle Datenverarbeitung in der Intensivmedizin
Intensivstationen verzeichnen ein besonders hohes Datenaufkommen, weil bei den Patienten zahlreiche Vitalwerte überwacht werden müssen. Wenn hier ein Edge-Server die Messwerte der angeschlossenen Patienten vor Ort verarbeitet und bei auffälligen Werten oder Grenzwertüberschreitungen einen Alarm an das diensthabende Personal sendet, geht das sehr schnell. Außerdem bleiben die Daten vor Ort. Mittlerweile gibt es Bestrebungen, kontinuierlich erfasste Routinedaten zu nutzen, um daraus ein „virtuelles Patientenmodell“ zu entwickeln. Dieses Modell soll verschiedene Gesundheitszustände von Intensivpatienten simulieren, deren Entwicklung prognostizieren und mögliche daraus resultierende Komplikationen vorhersagen.
Hohe Datensicherheit beim Management des Medical IoT
Immer mehr Kliniken verwalten ihre Medizinprodukte und das Inventar über eine gemeinsame Managementoberfläche. Für die Echtzeitlokalisierung erhalten alle Geräte, Produkte und Komponenten RFID- oder andere Funk-Tags oder Barcodes. Das Personal kann sie so schnell zuordnen und auffinden. Wenn die Anwendung nicht in einer Cloud, sondern auf einem Server im Kliniknetz installiert ist, erhöht das die Datensicherheit. So kann die Klinikverwaltung zum Beispiel auch Patientenarmbänder und Dienstausweise in das System integrieren. Verfügt der Edge-Server über einen sicheren Zugang zum Datennetz des Gesundheitswesens, gelingt es zum Beispiel auch direkt auf eine zentrale Medizinproduktedatenbank zuzugreifen.
KI-gestützte Diagnose bei bildgebenden Verfahren
Bei bildgebenden Diagnoseverfahren in Kliniken und Arztpraxen liegen KI-gestützte Entscheidungsverfahren im Trend. So wählt die Software eines Röntgensystems automatisch bei mehreren Aufnahmen das aussagekräftigste Bild aus, auf dem eine bestimmte Anomalie oder Fehlstellung am augenfälligsten ist. Das erleichtert und beschleunigt die Diagnostik. Hierzu nutzt das selbstlernende System eine integrierte Sammlung von bereits diagnostizierten und anonymisierten Aufnahmen. Falls das nicht ausreicht, greift es auf eine zentrale Online-Medizindatenbank zu und sucht dort nach vergleichbaren Aufnahmen mit Diagnose.
Individuelle Therapien und Gesundheits-Tracker per App
Neben diesen Server-Lösungen entwickelt sich im Medizinsegment derzeit ein rasant wachsendes Edge-Computing-Modell, das mobile Endgeräte in Behandlungskonzepte einbezieht: Kliniken und Arztpraxen können heute Apps auf Rezept verschreiben. Für Diabetiker existiert zum Beispiel eine App, die automatisch die Messwerte eines Blutzuckermessgeräts oder eines Insulin-Pens bewertet und in ein geschütztes Online-Tagebuch überträgt. Auf dieses kann der behandelnde Arzt mit Einwilligung des Patienten zugreifen. Darüber hinaus erfreuen sich therapieunterstützende Apps und Gesundheits-Tracker immer größerer Beliebtheit.
Medizinisches Edge Computing findet somit auch auf Smartphones statt. Mächtige Anwendungen wie zeitkritische Online-Operationen oder Big-Data-Analysen erfordern dagegen speziell für sie ausgelegte Rechen- und Storage-Kapazitäten und eine schnelle Netzanbindung.
Was muss Storage im eHealth-Bereich leisten?
Die Anforderungen an ein Storage-System sind ebenso vielfältig wie die Anwendungen. Insbesondere im Klinikbereich muss Storage hochverfügbar sein, denn hier können Ausfälle oder lange Zugriffszeiten über Leben und Tod entscheiden. Wenn unstrukturierte Daten anfallen, auf die Anwender schnellen Zugriff benötigen, ist der Umstieg auf objektbasierte und Simple Storage Service (S3) kompatible Storage Systeme sinnvoll. Denn damit erhalten die unstrukturierten Daten Metainformationen, die ihr Auffinden beschleunigen. Darüber hinaus schützt Object Lock im Falle einer erfolgreichen Ransomware Attacke vor Verschlüsselung der Daten und verhindert damit auch die Notwendigkeit zur Zahlung von Lösegeld. Object Lock stellt sicher, dass kritische Daten während einer zuvor definierten Aufbewahrungsfrist weder gelöscht noch überschrieben werden können. Somit können medizinische Einrichtungen ihre Daten im Fall der Fälle nach erfolgreich durchgeführter Forensik von einer ‚sauberen‘ Kopie zeitnah wiederherstellen.
Wann ist Edge Computing im Gesundheitswesen sinnvoll?
Damit die Klinik- und Gesundheitsnetze nicht überlastet werden und die Systeme vor Ort ohne Latenz reagieren können, bietet sich für viele digitale Anwendungen ein Edge-Computing-Ansatz an. Hierbei erfolgt die Selektion, Verarbeitung und Analyse der Daten vor Ort, bzw. an deren Quelle. Über das Netz werden nur notwendige Daten verschickt.
Der Einsatz von Edge Computing im Gesundheitswesen gewährleistet eine schnellere, bessere und patientenfreundlichere Pflege. So müssen in ihrer Mobilität eingeschränkte oder ältere Menschen dank Telemedizin nicht mehr den Weg in eine medizinische Einrichtung auf sich nehmen. Angehörige und Pflegepersonal werden bei Unfällen sofort alarmiert. KI-gestützte Analysen helfen bei der Früherkennung von Krebserkrankungen, medizinische Einrichtungen profitieren von effizienterem Asset Management und Spezialisten können lebensrettende Operationen zu jeder Zeit und von jedem Ort aus durchführen. Mit oder ohne Roboterunterstützung.
Ohne Zweifel sind medizinische und patientenbezogene Daten hoch sensibel und somit besonders schützenswert. Je näher solche Daten am Edge sind, desto geringer sind die Risiken, dass unautorisierte Personen auf diese Daten zugreifen können.
Patricia Hillebrand
International Channel Manager, RNT Rausch GmbH
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